BESTEUERUNG VON AUTORENLEISTUNGEN IM FERNUNTERRICHT

 

International einmalig unterliegen Fernunterrichtsangebote in Deutschland einem hohen Verbraucherschutz, denn das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) regelt und kontrolliert seit 1977 den Fernunterrichtsmarkt und gibt Teilnehmer:innen ein Höchstmaß an Sicherheit über die Qualität der belegten Bildungsangebote. Gleichsam sind im Gesetz Rechte und Pflichten der Bildungsanbieter niedergeschrieben, die beispielsweise beinhalten, dass alle Fernunterrichtsangebote, die der beruflichen Fortbildung dienen, staatlich zugelassen und überprüft werden müssen. Die Zuständigkeit hierfür liegt bei der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht.

In Zeiten des Fachkräftemangels und der stetig voranschreitenden Digitalisierung der Arbeitswelt zeigt sich einmal mehr die Leistungsfähigkeit der digitalen (Weiter-)Bildung. Denn aufgrund seiner hohen Orts- und Zeitunabhängigkeit ist Fernunterricht die flexibelste Methode der Fortbildung für Arbeitnehmer:innen und häufig sogar die einzige Form einer möglichen Weiterbildungsbeteiligung für Personen in Elternzeit, Schichtarbeitende oder Bewohner:innen im ländlichen Raum. Auch Migrant:innen können mittels Fernunterricht für den deutschen Arbeitsmarkt gewonnen werden, da sie die Möglichkeit erhalten, sich in tutoriell betreuten Umgebungen mit der deutschen Sprache vertraut zu machen.

Moderner Fernunterricht zeichnet sich durch eine hohe Multimedialität aus und vermittelt Lernenden neben fachlichen Qualifikationen allein durch die Teilnahme am Weiterbildungsprozess digitale Fähigkeiten.

Ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis macht die Methode zudem für Teilnehmende aller Alters- und Berufsgruppen sehr attraktiv. Laut einer Umfrage des Bewertungsportals FernstudiumCheck geben 76 Prozent aller befragten Fernlernenden an, dass sie ihre Fortbildungen aus eigener Tasche, ohne staatliche Zuschüsse oder Zuwendungen des Arbeitgebers finanzieren. Zusätzlich schätzen auch mehr und mehr Arbeitgeber:innen und Förderträger wie Agenturen für Arbeit und Jobcenter das sehr gute Preis-Leistungs-Verhältnis.

Die Leistungen von Fernlehranbietern als allgemeinbildende oder berufsbildendeEinrichtung sind i.d.R. nach § 4 Nr. 21 lit. a) UStG umsatzsteuerbefreit insofern sie unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienen.

Sich widersprechende Erlasse drohen nun jedoch (Weiter-)Bildung für Teilnehmer:innen im staatlich zugelassenen Fernunterricht zu verteuern.

Nach dem Anwendungserlass der Finanzverwaltung zum UStG (UStAE) Abschnitt 4.21.3 Abs. 2a erbringen
(Fach-)Autor:innen mit der Erstellung von Lehrbriefen keine unmittelbare Unterrichtstätigkeit; hierbei fehle es an der Einflussnahme durch den persönlichen Kontakt mit den Studierenden. Leistungen der Lehrbrieferstellung sind danach prinzipiell umsatzsteuerpflichtig. Dies hat zur Folge, dass Fernlehranbieter mit der ihnen von den Lehrbriefautor:innen auf die Eingangsleistungen in Rechnung gestellten Umsatzsteuer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, da sie die Leistung zur Erbringung ihrer regelmäßig von der Umsatzsteuer befreiten Umsätze verwenden. Mithin erhöhen sich die Kosten für das Fernlehrunternehmen, die es entweder selbst tragen oder über erhöhte Preise an die Lernenden weitergeben wird.

Die geschuldete Umsatzsteuer auf Autorenleistungen verteuert somit Fernkurse und damit Bildung insgesamt. Der Erlass sendet daher ein falsches bildungs- und arbeitsmarktpolitisches Signal und konterkariert sämtliche nationalen Bemühungen durch mehr und bessere Bildung die anstehenden gesellschaftlichen Herausforderungen zu bewältigen. Zudem widerspricht er den politischen Forderungen, in Deutschland den weltbesten Bildungsstand zu erreichen, Chancen für alle zu schaffen und eine neue Weiterbildungskultur zu etablieren.

Dabei sind Lösungsansätze bereits vorhanden.

Das Finanzministerium Schleswig-Holstein hat in einer Fachinformation klargestellt, dass Autorenleistungen selbstständiger Lehrer:innen gegenüber einer Schule dann gem. § 4 Nr. 21 lit. b) UStG umsatzsteuerfrei sein können, wenn der/die Lehrer:in zu den Fernschüler:innen Kontakt hat, z. B. die Hausaufgabenbetreuung im Rahmen eines Fernlehrgangs übernimmt oder bei Rückfragen der Studierenden zur Verfügung steht.

Da Abschnitt 4.21.3 Abs. 2a UStAE diese Variante im Gegensatz zu der Fachinformation des Finanzministeriums Schleswig-Holstein vom 16. Oktober 2017 nicht enthält, wäre eine Klarstellung durch einen entsprechenden Zusatz im UStAE aus unserer Sicht geboten. Durch verlässliche Rahmenbedingungen für qualitätsgesicherte digitale Bildung würden Teilnehmer:innen am Fernunterricht und Fernunterrichtsanbieter Planungs- und Handlungssicherheit erhalten.

Bei allen weiteren mehrwertsteuerlichen Überlegungen wichtig: Weiterbildung per staatlich zugelassenem Fernunterricht muss finanzierbar und planbar bleiben.

Fernunterricht ist auch "Unterricht”. Die in der Nationalen Weiterbildungsstrategie abgebildeten Ziele einer nachhaltigen Weiterqualifizierung - insbesondere auch von Beschäftigten - werden durch Fernunterricht, mit seinem Fokus auf qualitätsgesicherter, abschlussorientierter Weiterbildung, sehr gut erfüllt. Eine Erhöhung von Kosten durch nicht nachvollziehbare Änderungen der Mehrwertsteuer-Systeme verteuert nicht nur die durch Private oder Unternehmen finanzierte Weiterbildung, sondern auch die durch den Staat geförderte Weiterbildung, z. B. im Bereich Aufstiegs-BAföG oder SGB III (Bildungsgutscheine). Länger laufende, nachhaltige Weiterbildungen z. B. in den Bereichen der Techniker, Meister oder Fachwirte sind im Fernunterricht mangels Planungssicherheit gefährdet.

Fazit

Nach Auffassung der Finanzverwaltung gibt es im Fernunterricht grundsätzlich keine „unmittelbare“ Unterrichtsleistung, soweit es an jeglichem persönlichen Kontakt zwischen Lehrkräften und Studierenden fehlt. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn die Lehrkraft bei Rückfragen der Studierenden zur Verfügung steht und somit ein Kontakt eröffnet ist. Da Abschnitt 4.21.3 Abs. 2a UStAE diese Variante im Gegensatz zu der Fachinformation des Finanzministeriums Schleswig-Holstein vom 16. Oktober 2017 nicht enthält, wäre eine Klarstellung durch einen entsprechenden Zusatz im UStAE aus unserer Sicht geboten.

Vor allem in Zeiten einer allgemeinen Investitionszurückhaltung aufgrund der angespannten geopolitischen Lage und im Angesicht von Energie- und Wirtschaftskrisen muss gerade Bildung finanzierbar bleiben. Bildungsanbieter als auch Weiterbildungsinteressierte benötigen Planungssicherheit.

 

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