Wenn Verbraucherschutz stört: Warum das FernUSG wirtschaftlichen Interessen im Weg ist – und das gut so ist

Die Forderung des Nationalen Normenkontrollrates, das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) ersatzlos abzuschaffen, konterkariert die Realität und gefährdet den Schutz von Millionen Weiterbildungswilligen in Deutschland. Wer behauptet, der Verbraucherschutz sei durch allgemeine Regelungen des BGB ausreichend gewahrt, ignoriert den Kern des Problems: Digitale Bildungsangebote sind für Lernende in ihrer Qualität kaum im Voraus überprüfbar – und oft nur schwer vergleichbar.

Das FernUSG schützt Verbraucherinnen und Verbraucher dort, wo andere Regelungen an ihre Grenzen stoßen: Es sichert verbindliche Standards, verlangt transparente Lernziele, überprüft didaktische Konzepte und bietet rechtliche Klarheit – gerade auch für digitale Formate. In Zeiten wachsender unseriöser Online-Angebote, strukturierten Coachings und hochpreisiger Programme ist dieser Schutz für die berufliche Weiterbildung essenziell z.B. für Vorbereitungskurse für staatliche oder öffentlich-rechtliche Prüfungen aber auch für abschlussorientierte und arbeitsmarktrelevante Fachkurse. Staatlich zugelassener Fernunterricht kann zudem dort Lücken schließen, wo berufsschulische Aus- und Weiterbildung an ihre Grenzen stößt, weil beispielsweise Fachkräfte fehlen.

Die staatliche Zulassung durch die ZFU ist keine Bürokratie, sondern eine qualitätssichernde Institution. Wer sie abschaffen will, öffnet den Markt für Trittbrettfahrer – auf Kosten der Glaubwürdigkeit ganzer Bildungsformate. Die Konsequenz: Rückgang von Weiterbildungsbeteiligung, Vertrauensverlust in digitale Bildungswege, weniger Fachkräfte.

Bildung braucht Vertrauen. Und Vertrauen braucht Kontrolle. Eine Modernisierung des FernUSG und eine Anpassung an die moderne Weiterbildungsrealität ist sinnvoll – seine Abschaffung wäre ein bildungspolitischer Rückschritt. Verbraucher müssen sich auf geprüfte Qualität verlassen können, bevor sie investieren. Ein „Trial and Error“-Prinzip, wie es der NKR stillschweigend in Kauf nimmt, schwächt den Weiterbildungsstandort Deutschland.

Wer Bildungsanbieter von jeglicher Qualitätsprüfung befreien will, handelt nicht im Sinne der Lernenden – sondern im Interesse von Geschäftsmodellen, die auf Schnelligkeit statt Substanz setzen. Das können und dürfen wir uns in Zeiten des Fachkräftemangels nicht leisten.

Ja – das Gesetz ist reformbedürftig. Aber nicht überflüssig. Der Bundesverband der Fernstudienanbieter setzt sich daher seit Langem für eine Modernisierung des FernUSG ein: mit einer klaren Abgrenzung des Anwendungsbereichs, rechtssicherer Einordnung moderner Formate wie KI-basierter Lernsysteme, einer praxisnahen Entbürokratisierung sowie einem klugen Umgang mit neuen Angebotsformen wie Coaching oder Microlearning. Die Reform ist umso dringender vor dem Hintergrund der aktuellen Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH), die Verbraucher:innen vor unseriösen Coaching-Angeboten schützen sollen, aber auch zu Irritationen geführt haben.  

Ein Gesetz zu streichen, ist noch kein Bürokratieabbau – im Gegenteil

Es ist verwunderlich, dass sich ausgerechnet der Nationale Normenkontrollrat, der als Impulsgeber für echten Bürokratieabbau gelten will, für die Abschaffung eines Gesetzes starkmacht, das messbar zur Qualitätssicherung und zum Verbraucherschutz beiträgt. Hat der NKR keine ambitionierteren Vorhaben als ausgerechnet das FernUSG zum vermeintlichen Bürokratieproblem zu erklären?

Wer ernsthaft Bürokratie abbauen will, muss an überkomplexen Verfahren, realitätsferner Verwaltungspraxis und echten Doppelstrukturen ansetzen – nicht an einem Gesetz, das Orientierung und Verlässlichkeit für Lernende schafft. Die Streichung des FernUSG bringt der Gesellschaft keinen Fortschritt – sie schwächt eine zentrale Säule digitaler Bildung, sie gefährdet Vertrauen in Weiterbildung, und sie entlässt Anbieter aus ihrer inhaltlichen Verantwortung.

Dass dieses Gesetz vielen nicht geläufig ist, heißt nicht, dass es keine Wirkung entfaltet. Im Gegenteil: Seine Wirkung zeigt sich gerade darin, dass es verhindert, was wir in anderen Märkten regelmäßig erleben – intransparente Angebote, überzogene Preisversprechen und eine Abwärtsspirale in der Qualität. Ein Markt ohne Standards wird schnell zum Spielplatz für Geschäftsmodelle, die Bildung nur als Verkaufsware betrachten.

Wer hier den Rotstift ansetzt, opfert Verbraucherschutz auf dem Altar vermeintlicher Entbürokratisierung – und entzieht der Weiterbildungspolitik ein zentrales Instrument der Qualitätssicherung. Kurz: Der Vorschlag des NKR ist bequem für einige Anbieter, aber kurzsichtig. Und ganz sicher nicht das, was Deutschland in Zeiten von Fachkräftemangel, Transformation und digitaler Bildungsentwicklung braucht.

Unsere Haltung ist klar: Das FernUSG sichert Qualität und Vertrauen – heute mehr denn je.

Wesentliche Verbraucherschutzpflichten wie das Vertragsrecht für Fernstudierende, die Prüfung von Anbieter-Voraussetzungen oder die inhaltlich-didaktische Prüfung der Weiterbildung zur Erreichung des Bildungsziels werden nicht durch andere Gesetze abgedeckt.

Auch das Argument des hohen Erfüllungsaufwandes bei bis zu mehrmonatigen Verdienstausfällen, entspricht nicht der Realität. Durch die Nutzung von vorläufigen Zulassungsverfahren ist eine kürzere und damit innovationssichernde Vorlaufzeit bis zur Vermarktung durch den Anbieter möglich.

Im Zusammenhang mit den BGH-Urteilen kann mit einfachen Ansätzen zur Modernisierung des Gesetzes der ursprünglich intendierte Anwendungsbereich mit Konzentration auf den Verbraucher wieder hergestellt werden und zusammen mit digitalisierten Prozessen die Effizienz der Behörde sichergestellt werden.

Hier finden Sie das Positionspapier des Bundesverbandes der Fernstudienanbieter für die MODERNISIERUNG des FernUSG: Qualität sicher. Zukunft gestalten.